Abschaffung der Straßenausbaubeiträge: Unsere Stellungnahme zur Informationsvorlage 0067/2021 der Verwaltung

Aus unserer Sicht ist diese Vorlage eine reine „Nebelkerze“. Hier wird der Wunsch des amtierenden Bürgermeisters Helge Röbbert (BGM) klar, dass er die Straßenausbaubeiträge (SAB) nicht abschaffen will. Der Grund hierfür liegt auf der Hand. Es geht dem BGM unserer Meinung nach primär darum, ein Instrument der Haushaltssteuerung in der Hand zu behalten. Es ist nun einmal deutlich einfacher etwas zu bestellen, wenn ca. 50 – 60% der Kosten durch Dritte, in diesem Fall durch die Soltauer Bürger, durch Erhebung von SAB, bezahlt werden. Im Falle der im Jahr 2018 durchgeführten und in 2021 abgerechneten Kosten für die Modernisierung der Straßenbeleuchtung betrug der Anlieger-/Bürgeranteil ca. 58%. Hier wird schon das erste Mal sehr deutlich, dass die SAB einfach nur ungerecht sind. Die Straßenbeleuchtung dient allen Bürgern und die Einsparung der Energiekosten kommt dem städtischen Haushalt und somit ebenfalls allen Bürgern zugute! Warum sollen dann knapp 60% allein durch die Anlieger finanziert werden?

Es wird in dieser Vorlage unrichtigerweise versucht dem Rat zu suggerieren, dass eine Abschaffung der Straßenausbaubeiträge (jetzt) nicht möglich sei. Jedoch ist diese Sichtweise aus unserer Sicht falsch und für alle Bürger ein schlechter Weg!

 

Hier stellen wir Ihnen beide Originaldokumente zur Verfügung:

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0067_2021_Vorlage_17_06_2021.pdf
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SAB-Stellungnahme zur Verwaltungsvorlage
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Konkret zur Vorlage:

Der erste Teil beschreibt das Verfahren der Finanzmittelbeschaffung und ist sachlich korrekt. Dann geht es jedoch schon los:


Vorlage der Verwaltung:

“Die Möglichkeit eines Beitragserhebungsverzichts (§ 111 Abs. 5 Satz 3 NKomVG) steht Gemeinden zu, die es sich „finanziell leisten“ können, weil sie auch mindestens in der mittelfristigen Planung über eine gesicherte Finanz- und Ertragslage verfügen.“

BürgerUnion:

Hier gibt sich die Verwaltung bereits selbst die Antwort, dass es sehr wohl möglich ist, die Straßenausbaubeiträge (SAB) abzuschaffen. Denn die mittelfristige Finanzplanung (nach Corona) ist gesichert. Das kann den mittelfristigen Planungen entnommen werden. Hier das „Totschlag-Argument“ der Corona-Pandemie anzuwenden ist schon sehr befremdlich. Aber (leider) wird Corona ja häufig als Erklärung für alles Mögliche verwendet?! 
Beim Blick in die Zahlen der Jahre 2015 – 2019 wird die wahre Leistungsfähigkeit von Soltau sehr deutlich. In diesen Jahren haben wir insgesamt einen Haushaltsüberschuss in Höhe von (iHv) insgesamt ca. 13,1 Mio € und somit ca. 11,6 Mio € über Plan erwirtschaftet!!!
Anmerkung: Mit diesen Zahlen brüstet sich unser BGM im Übrigen sehr gerne. Jedoch ist das nicht auf seine persönlichen Leistungen zurückzuführen, sondern das Ergebnis einer gut laufenden Wirtschaft!


Vorlage der Verwaltung:

„Die mit der Pandemie eingetretenen finanziellen Wirkungen vor allem für Städte wie Soltau zeigen die besondere Fragilität steuerstarker Kommunen auf.
Das Haushaltsjahr 2020 konnte nur unter Zuhilfenahme von Ausgleichszahlungen des Bundes mit einem positiven Ergebnis abgeschlossen werden.


Der Haushalt 2021 weist unter Einbeziehung der mittelfristigen Finanzplanung einen Fehlbedarf von insgesamt ca. 6,8 Mio. € aus. Die aktuelle Entwicklung der Steuereinnahmen und Aufwendungen weist derzeit zwar auf eine leichte Verbesserung gegenüber der Haushaltsplanung hin; das Jahr 2021 wird voraussichtlich dennoch mit einem nennenswerten Fehlbetrag abschließen.“

BürgerUnion:

Es ist selbstverständlich richtig, dass alle Kommunen natürlich grundsätzlich von der Konjunktur und der wirtschaftlichen Entwicklung abhängig sind. Die Konjunktur hat nun einmal wesentlichen Einfluss auf die Steuereinnahmen.


Es ist schön, dass wir auch das Jahr 2020 mit einem positiven Ergebnis abschließen konnten. Leider wurden uns von der Verwaltung/dem BGM hierzu noch keine Zahlen zum Haushalt 2020 mitgeteilt. Corona ist kein kommunalpolitisches Problem, sondern ein weltweites Gesundheitsproblem. Daher ist es auch absolut richtig, dass die Kommunen entsprechende Kompensationszahlungen vom Land bzw. vom Bund erhalten.


Auch wenn das Haushaltsjahr 2021 mit einem Defizit abschließt, so prognostizieren wir bereits heute, dass das Ergebnis besser wird als im Haushalt dargestellt. Das liegt zum einen daran, dass die Haushalte (fast) immer vorsichtig kalkuliert sind und zum anderen am Zeitpunkt der Aufstellung. Da steckten wir noch tief in der Corona-Pandemie und wussten nicht, wie lange der Lockdown noch dauert bzw. was noch alles folgt. Unabhängig von der Höhe eines evtl. Defizites in 2021 sind wir der Meinung, dass diese Defizite zunächst durch die Stadt geschultert werden müssen und die Corona-bedingten Einnahmeausfälle dann durch Land und Bund kompensiert werden müssen. Denn die Kommunen können, wie gesagt, nichts dafür. In keinem Fall darf das Corona-Argument dazu führen, dass die Bürger weiter mit den –aus unserer Sicht ungerechten- SAB belastet werden. Denn auch unsere Bürger sind von Corona betroffen und haben die Auswirkungen bereits durch Kurzarbeit, Arbeitsplatzverlust etc. zu tragen! Denn es handelt sich hier um dieselben Bürger!


Vorlage der Verwaltung:

„Ein Verzicht auf den Straßenausbaubeitrag führt aktuell mangels Alternativen zwangsläufig zu einer Kompensation durch höhere Kreditaufnahmen und zu einem späteren Zeitpunkt zu einer Erhöhung der Hebesätze für die Grundsteuer zur Finanzierung des Schuldendienstes.“

BürgerUnion:

An den Zahlen der Haushaltsjahre 2015 – 2019 mit einem kumulierten Haushalts-Überschuss iHv insgesamt 13,1 Mio € ist bereits klar zu erkennen, dass wir es uns sehr wohl leisten können auf die SAB zu verzichten. Selbst wenn die Stadt zur Finanzierung Darlehen aufnehmen müsste, so wären die Zinssätze deutlich geringer als für einen Bürger. Der Grund hierfür liegt an Bonitäts- und Volumenvorteilen. Zudem werden bei einem Verzicht auf die SAB die Verwaltungskosten für die Erhebung iHv von ca. 20% * vollständig eingespart!

 

*Laut der Bund der Steuerzahler Niedersachsen und Bremen e.V.: Straßenausbaubeiträge in Niedersachsen - Eine Bestandsaufnahme im Frühjahr 2021, Jan Vermöhlen, M.Sc. Economics, Hannover, April 2021


Vorlage der Verwaltung:

„Eine Erhöhung bspw. der Hebesätze für die Grundsteuer ist insbesondere im Zusammenhang mit der Umsetzung der Grundsteuerreform kritisch zu sehen. Spätestens ab 2025 soll die Reform umgesetzt sein. Bisher steht noch nicht fest, welche Veränderungen sich im Einzelnen für die Grundstückseigentümer ergeben werden. Anlass für die Reform war die Beseitigung unterschiedlicher Besteuerungen für gleichartige Sachverhalte. Bei einer insgesamt aufkommensneutralen Umsetzung werden zwangsläufig manche Grundstückseigentümer profitieren, andere hingegen belastet.“

BürgerUnion:

Generell hat die Abschaffung der SAB überhaupt nichts mit der Grundsteuer zu tun. Selbst wenn man den Grundsteueraspekt in diesem Zusammenhang betrachten möchte, so läuft die Argumentation vollständig ins Leere. Bei der Reform geht es nicht um die Grundsteuer selbst, sondern um die Berechnungsgrundlage. Zudem soll diese Reform aufkommensneutral umgesetzt werden. Wollen wir jetzt wirklich mit richtigen Entscheidungen bis 2025 warten, obwohl die Thematiken überhaupt nichts damit zu tun haben? Das ist aus unserer Sicht verschwendete Zeit!


Vorlage der Verwaltung:

„Berücksichtigt man darüber hinaus, dass eine Erhöhung der Grundsteuerhebesätze auch eine Vielzahl von Eigentümern trifft, die perspektivisch gar keine bzw. keine nennenswerten Straßenausbaubeiträge zahlen müssen, ergäben sich möglicherweise vervielfältigte Steigerungen („Doppeleffekte“).“

BürgerUnion:

Diese Argumente sind absoluter Quatsch. Jede Straße ist irgendwann einmal zu erneuern. In der Regel ist dies alle 30 – 50 Jahre der Fall. Somit würden auch alle Anlieger nach ca. 30-50 Jahren wieder zu (neuen) SAB herangezogen. Zudem zeigt das Thema Straßenbeleuchtung, dass es auch in diesem Zusammenhang zur Erhebung von SAB kommt. Wenn hier jetzt noch mit Gerechtigkeitsargumenten für die Beibehaltung eines ungerechten Systems argumentiert wird, dann ist das absoluter Unsinn.


Vorlage der Verwaltung:

„In Anbetracht der aktuellen Haushaltssituation und der unsicheren finanziellen Entwicklung werden Entscheidungen über künftige Ausbaumaßnahmen frühestens in 2022 für den Haushalt 2023 getroffen werden können, wenn dann vielleicht wieder mehr Klarheit über die weitere Entwicklung besteht.


Bis dahin werden reparaturbedürftige Straßen zunächst mit Unterhaltungsmitteln soweit instandgesetzt, um die erforderliche Verkehrssicherheit zu gewährleisten.


Das bedeutet letztlich, dass zurzeit kein Handlungsdruck besteht, den Straßenausbaubeitrag infrage zu stellen.“

BürgerUnion:

Das bedeutet im Klartext, dass in den nächsten min. 2 Jahren keine grundlegenden Straßensanierungen vorgenommen werden. Vielmehr wird dann nach jedem Winter viel Geld für notdürftige „Flickschustereien“ ausgegeben. Der Gesamtzustand der betroffenen Straßen dürfte sich dadurch nur kurzfristig leicht verbessern, jedoch grundsätzlich weiter verschlechtern. Ein Paradebeispiel für eine kaputte Straße ist die Weinligstraße, die mehr einem löchrigen Flickenteppich als einer Straße gleicht. Hier wäre es sinnvoller einen kurzfristigen Neuaufbau zu realisieren als weiter zu flicken.


Wir „freuen“ uns jetzt schon auf die Haushaltsberatungen der nächsten Jahre und sind gespannt welche Argumente dann, insbesondere von CDU und SPD, ins Feld geführt werden? Die sachlichen Fakten sind aus unserer Sicht eindeutig und sprechen für die Abschaffung der SAB!.


An dieser Stelle muss zudem einmal klar und deutlich gesagt werden, dass wir diese „Probleme“ gar nicht gehabt hätten, wenn die CDU und SPD frühzeitig die richtigen Entscheidungen pro Abschaffung SAB getroffen hätten. Wir sind mit CDU, SPD und den Grünen seit unserer Antragstellung am 25.10.2017 im Gespräch. Jedoch konnten sich CDU und SPD nicht entscheiden. Erst wollten beide Fraktionen die Entwicklung rund um die Grundsteuerreform abwarten, dann konnten sie sich aus für uns nicht nachvollziehbaren unbekannten Gründen nicht entscheiden und wollten weiter warten. Jetzt, wo alle sachlichen Argumente und Fakten pro Abschaffung SAB nicht mehr wegzudiskutieren sind, da kommt das Totschlag-Argument „unsicherer Haushalt wegen Corona“. Wenn die CDU- und SPD-Fraktionen keinen „Entscheidungsstau“ gehabt hätten, dann wären die SAB in Soltau längst Geschichte!


Vorlage der Verwaltung:

„Mit der letzten Änderung des NKAG wurde ein neuer § 6b eingefügt, mit dem der Spielraum für einige finanzielle Erleichterungen der Beitragspflichtigen geschaffen wurde. So können z. B. bereits bei der Kostenverteilung niedrigere Kosten angesetzt werden. Des Weiteren kann geregelt werden, dass Zuschüsse Dritter zunächst zur Entlastung der Beitragspflichtigen eingesetzt werden, wenn der Zuschussgeber nichts Anderes bestimmt hat.“

BürgerUnion:

Diese Änderungen bewerten wir als Schritt in die richtige Richtung sehr positiv. Leider wird dadurch die grundsätzliche Ungerechtigkeit des SAB-System nur gelindert und nicht beseitigt. Jedoch setzen wir uns dafür ein, dass diese Möglichkeiten, bis zur vollständigen Abschaffung der SAB, zum Wohle der Bürger umfassend angewendet werden.


Vorlage der Verwaltung:

„Eine Abfrage unter sechs der Größe und Struktur nach vergleichbaren Kommunen im direkten Umland der Stadt Soltau hat ergeben, dass zurzeit keine andere Kommune den Straßenausbaubeitrag abgeschafft hat. Zwei Kommunen haben von den Erleichterungen nach § 6b NKAG Gebrauch gemacht, zwei weitere planen dieses, die beiden anderen Kommunen warten die weitere Entwicklung ab.“

BürgerUnion:

Leider hat uns die Verwaltung bisher nicht mitgeteilt, um welche Kommunen es sich handelt.


Bundesweit stellt sich die Situation wie folgt dar:


8 Bundesländer erheben keine SAB: Baden-Württemberg hat noch nie SAB erhoben. Bayern, Berlin, Brandenburg, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Thüringen haben die SAB in den Jahren 2012-2021 abgeschafft.


2 Bundesländer (NRW und Rheinland-Pfalz) haben eine SAB-Pflicht.    


6 Bundesländer haben die Entscheidungsfreiheit. Hierzu gehören neben Niedersachsen die Bundesländer Bremen, Hessen, Saarland, Sachsen, Schleswig-Holstein. Hier entscheiden die Kommunen eigenständig, ob Sie SAB erheben oder darauf verzichten.


In Niedersachsen verzichten aktuell 43% der Kommunen bereits auf die SAB, Tendenz steigend!


Hieraus können wir sehen wohin „die Reise geht“. -> The trend is our friend! :-)

Zusammenfassung und Fazit

Das System der SAB ist ungerecht, da es zu einer Ungleichbehandlung der Anlieger (Stadt- vs. Kreis-, Landes- und Bundesstraßen) kommt. Im gewerblichen Bereich kann es sogar zu einer Wettbewerbsverzerrung führen. Zudem ist es teurer (Zinsen und Verwaltungskosten) und birgt die latente Gefahr von Rechtsstreitigkeiten und existenzbedrohlichen Härten.


Die Abschaffung der SAB ist langfristig die für alle Bürger bessere, günstigere und insbesondere gerechtere Lösung!


Aus diesen Gründen haben wir am 25.10.2017 bereits den Antrag auf Abschaffung der SAB gestellt. Wir sind also bereits in 2017 zum selben Ergebnis gekommen wie der BdSt Niedersachsen Bremen e.V. in seiner Bestandsaufnahme im April 2017!

 

Ein Lichtblick am Horizont?: In der gestrigen Ratssitzung (22.07.2021) haben die ablehnenden Fraktionen aus CDU und SPD angekündigt, dass sie bei einer Verbesserung der Haushaltslage „…ergebnisoffen neu über eine Abschaffung der SAB nachdenken werden…“ (Rainer Klatt, SPD). Wir freuen uns bereits heute auf die Diskussionen in 1, 2, 3… Jahren und sind schon ganz gespannt, was CDU und SPD dann einfällt, oder ob Sie dann tatsächlich den für alle Bürger sinnvolleren Weg ohne SAB mitgehen wollen? Die anderen Ratsmitglieder waren jedenfalls mit uns bereits einig und wollen diesen richtigen Weg beschreiten! :-)


Daher werden wir uns weiter für die Abschaffung der SAB einsetzen!

Ein letzter Tipp, wenn Sie sich nicht auf CDU und SPD verlassen wollen:

BürgerUnion: Die echte Alternative!

 

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Soltau, den 23.07.2021   

Thorsten Schröder

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